Neustrelitz gestalten - 30 Jahre Stadtsanierung

5 zu einer Hofbeamten- und Handwerker- stadt. In den ersten 20 Jahren ihres Beste- hens wuchs die Einwohnerzahl auf 1620. Bis um das Jahr 1800 hatte sie sich auf rund 3600 mehr als verdoppelt. Nachdem die erste Aufbauphase der Stadt 1794 mit dem Tod von Herzog Adolf Fried- rich IV. als abgeschlossen gelten konnte, setzte unter Großherzog Georg (reg. 1816– 1860) erneut eine rege Bautätigkeit ein. Auf Vermittlung des preußischen Architekten Schinkel kam 1821 der junge Friedrich- Wilhelm Buttel als Baumeister nach Neu­ strelitz. Sein Aufgabenbereich umfasste die Errichtung von Profan-, Sakral-, Wirtschafts- und Verkehrsbauten, aber auch Gartenarchi- tektur und die Überwachung von Ziegeleien und Kalköfen im Großherzogtum. Bis zu seinem Tod im Jahr 1872 prägte er durch die von ihm favorisierte Synthese von Klassizis­ mus und Neogotik, häufig in Verbindung mit dem aus den Rohstoffen der Region gefertigten gelben Backstein, das Gesicht der Stadt. Zu den wichtigsten Gebäuden, die Buttel für Neustrelitz schuf, gehören die Schlosskirche, das Rathaus, der Turm der Stadtkirche, die ehemalige Kaserne, der Kornspeicher am Hafen, die Friedhofskapelle und etliche außergewöhnliche Mauern. Unter seiner Leitung wurden auch der Hafen und der Kammerkanal ausgebaut. Die weitere Ausdehnung der Stadt in Richtung Bahnhof erreichte während der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg einen Höhepunkt. Die Einwohnerzahl wuchs und mit ihr der Wohnungsbedarf. Neue Bau- plätze wurden benötigt. Weitere Straßen und Plätze, wie die Augustastraße oder die Tiergartenstraße, entstanden. In bestehen- den Straßen wurde die Bebauung verdichtet und Häuser aufgestockt oder erneuert. Die einzigartige sternförmige Struktur des Neustrelitzer Stadtzentrums ist seit 1733, unter anderem Dank der strengen Einhaltung der ersten Bauvorschriften, unverändert erhalten geblieben. Da die In- nenstadt nur wenige Kriegszerstörungen erlitten hat, weist sie großflächig noch eine geschlossene Bebauung mit viel originalem Gebäudebestand aus der Vorkriegszeit auf. Zwischen 1945 und 1990 wurde die histo- rische Bausubstanz in der Innenstadt stark vernachlässigt. Die politische Priorität, und damit auch die wirtschaftliche Ausrichtung der begrenzten baulichen Ressourcen, galt in der DDR dem Wohnungsneubau. Der Denkmalschutz war auf wenige herausge- hobene Objekte orientiert. Die Folgen waren ein hoher Instandhaltungsstau und teilweise brach liegende Gewerbe- und Wohngrund- stücke in der Altstadt. Das Stadtzentrum war wegen des fortschreitenden Verfalls und fehlenden Komforts der Häuser als Wohnstandort ohne Anziehungskraft. An einzelnen Standorten ist alte Bausubstanz unwiederbringlich verloren gegangen. Luftbild 2017

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