Neustrelitz gestalten - 30 Jahre Stadtsanierung

4 Was der englische Historiker Thomas Nugent im 19. Jahrhundert auf einer Reise durch Strelitz an der jungen Residenzstadt Neustrelitz so bemerkenswert fand, ist heu- te ein schützenswertes Stadtdenkmal von besonderer Bedeutung. Baumeister Julius Löwe aus Braunschweig entwarf den Plan der spätbarocken Stadtanlage im herzo- glichen Auftrag nach dem Vorbild einer italienischen Idealstadt des 16. Jahrhun- Der „Stern“ strahlt wieder derts. Gut 20 Jahre nachdem 1712 die erste herzogliche Residenz in Strelitz (-Alt) abge- brannt war, sollte eine neue, eigenständig angelegte Stadt endlich standesgemäßer Ausdruck der Macht und Repräsentation des erst 1701 durch den Hamburger Erb­ vergleich entstandenen Herzogtums Mecklenburg-Strelitz werden. Der zu diesem Zweck von Herzog Adolf Friedrich III. am 20. Mai 1733 erlassene Gründungsaufruf markiert den Beginn der Neustrelitzer Stadtgeschichte. Die Residenzstadt Neustrelitz wurde parallel zum Residenzschloss am Zierker See, dem erweiterten herzoglichen Jagdhaus, ange- legt. Im System der acht Radialstraßen um den ein Hektar großen Marktplatz ist die Stadt durch die Schloßstraße mit der neuen Residenz und durch die Strelitzer Straße mit der „alten Mutterstadt“ verbunden – zwei symbolträchtige planerische Entschei- dungen. Bauwilligen, die sich rund um den Markt und entlang der breiten Straßen ansie- delten, garantierte der Gründungsaufruf zahlreiche Privilegien, wie eine zehnjährige Steuerfreiheit oder die kostenlose Bereit- stellung von Grundstücken und Bauma- terial durch den Landesherrn. Sie hatten ihrerseits besondere Vorschriften einzu­ halten. So musste zum Beispiel aus reprä- sentativen Gründen am Markt und in der Schloßstraße zweistöckig in Stein ge- baut werden, was die Ansiedlung betuch- ter Bürger und Adliger aus dem Umfeld des Hofes begünstigte. In der Zierker oder Seestraße hingegen errichteten zahlreiche Handwerker einstöckige Fachwerkhäuser, von denen viele erst ab dem 19. Jahrhun- dert vergrößert wurden. Aus Gründen des Brandschutzes waren überall breite Torein- fahrten vorgeschrieben, die noch heute das Straßenbild charakterisieren. Zu der Zeit, als der Engländer Thomas Nugent die Heimat seiner Königin, der vormaligen Strelitzer Prinzessin Sophie Charlotte, bereiste, entwickelte sich die Residenzstadt Neustrelitz bereits stetig „Diese Stadt ist sternförmig und vollkommen regulär angelegt, recht im Mittelpunkt ist ein großer Marktplatz, aus welchem verschiedene Straßen in gerader Linie fortlaufen.“ Thomas Nugent, englischer Historiker, 1766 Luftbild 1992

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